Kategorie Gesundheitssystem

Wenn die Krankenkasse drängt – VdK-Juristen geben Tipps

Wer krank ist, benötigt vor allem eins: Ruhe und Zeit zur Genesung. Gerade Krankenkassen sollten das wissen. Trotzdem kommt es immer wieder zu drängenden Anrufen bei kranken Mitgliedern. Die VdK-Juristen Christian Ahlers und Thomas Feldmeier kennen das Thema und erklären, worauf zu achten ist.

Eine ältere Frau sitzt an einem Küchentisch, vor sich hat sie ein Dokument, in dem sie Notizen macht oder etwas abhakt. Sie sieht besorgt aus, stützt das Kinn in die Hand.
© VdK

„Diese störenden und zum Teil unangenehmen Telefonate, bei denen nicht selten auch Druck ausgeübt wird, sind beinahe tägliches Geschäft“, weiß VdK-Jurist Thomas Feldmeier aus Aurich. Und das Szenario ist nicht nur auf einzelne Regionen begrenzt. Vielmehr berichten VdK-Mitglieder aus ganz Niedersachsen und Bremen von diesem Phänomen.

Das betrifft vor allem Personen, die längerfristig krankgeschrieben sind. Doch warum das Ganze? Die Antwort ist simpel: Die Zahlung von Krankengeld ist für die Kassen ein hoher Kostenfaktor. VdK-Mitglieder berichten, dass sie im Krankengeldbezug dazu gedrängt wurden, in die Reha zu gehen, einen Rentenantrag zu stellen oder gar ihren Job zu kündigen und sich arbeitslos zu melden – dann entfällt natürlich der Anspruch auf Krankengeld.

Kreisgeschäftsführer Christian Ahlers (Lingen) hört Schilderungen über diese unangenehmen Anrufe ebenfalls regelmäßig. „Konkret habe ich einen Fall vorliegen, bei dem das Mitglied aufgrund einer psychischen Erkrankung derzeit nicht arbeitsfähig ist. Es wird aber alle zwei bis drei Wochen angerufen, nach dem Gesundheitszustand befragt und aufgefordert, einen Reha- oder Rentenantrag zu stellen“, weiß der Jurist. Dass dieses permanente „Unter-Druck-Setzen“ nicht gesundheitsförderlich ist, sei eine Sache. „Viel wichtiger aber ist, dass die Krankenkasse dazu gar kein Recht hat“, so Ahlers. Denn niemand muss der Krankenkasse telefonisch Rede und Antwort stehen, insbesondere nicht zu medizinischen Fragen. Dafür ist nach Paragraf 275 Sozialvgesetzbuch V ausschließlich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung) zuständig. Sein Mitglied habe – eingeschüchtert durch das hartnäckige Drängen der Krankenkasse – schließlich eine Reha beantragt, konnte diese aus gesundheitlichen Gründen aber nicht antreten. Daraufhin kündigte die Versicherung die Einstellung des Krankengeldes an, was nach Eingreifen des VdK glücklicherweise verhindert werden konnte.

Tipp der VdK-Juristen

Kommt ein solcher Anruf, sollte man zunächst energisch darauf hinweisen, nicht wieder angerufen werden zu wollen. Ferner empfehlen die VdK-Juristen, ein Gesprächsprotokoll über diese Telefonate zu führen. Hilfreich ist außerdem, die Krankenkasse aufzufordern, den Inhalt des Gesprächs sowie ihren „Ratschlag“ an das Mitglied schriftlich zu übersenden, um ihn mit dem zuständigen Rechtsberater des VdK zu besprechen. Die Erfahrung zeige, dass die Nennung des juristischen Beistands durch den VdK häufig schon ausreiche, um die Telefonanrufe zu beenden, so Thomas Feldmeier, Kreisgeschäftsführer in Aurich. Sollte dies nicht der Fall sein, haben die Juristen mit dem Schreiben die Möglichkeit, weiter dagegen vorzugehen.

Auf ein besonders dreistes Vorgehen macht Christian Ahlers aufmerksam: Die Krankenkasse informiert ihr Mitglied in einem Schreiben darüber, dass die Krankengeldzahlung nach Aktenlage eingestellt wird. Das bedeutet, der MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung beurteilt den Patienten – allein nach Durchsicht der Unterlagen und ohne ihn gesehen oder mit ihm gesprochen zu haben – als wieder arbeitsfähig. „In diesem Fall sollten Sie Ihren Arzt hinzuziehen, der die Angelegenheit mit dem MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung klärt. Schließlich widerspricht das Urteil dem des Arztes“, rät Ahlers. In der Regel reicht die Begründung des MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung, die oft nur aus wenigen Zeilen besteht, nicht aus, um den Krankengeldanspruch zu erschüttern. Bei Fragen können sich VdK-Mitglieder an ihre nächstgelegene VdK-Geschäftsstelle wenden. Diese setzt sich dann mit der Krankenkasse in Verbindung und legt, wenn nötig, Widerspruch gegen negative Entscheidungen ein.