„Wir gehören in die Mitte der Gesellschaft“

VdK-Mitglied Sandra Maschkewitz ist Deutsche Meisterin im Para-Bogenschießen und kämpft für mehr Inklusion.

Fünf Sportlerinnen und Sportler beim Bogenschießen in einer Halle
Sandra Maschkewitz bei den Berlin Open 2024. © Berlin Open

Wenn Sandra Maschkewitz vom Bogenschießen erzählt, dann ist da dieses Leuchten in ihren Augen und man hört die Freude in ihrer Stimme. Denn dieser Sport ist für sie viel mehr, als nur ein Ausgleich zum Alltag. Und dabei ist sie ziemlich erfolgreich: Die 49-Jährige ist fünffache Deutsche Meisterin im Para-Bogenschießen und im vergangenen Jahr zudem Sportlerin des Jahres im Ammerland geworden. 

Gerade qualifiziert sie sich für internationale Wettkämpfe, denn ihr großer Traum ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2028 in den USA. „Sportlich war ich eigentlich schon immer. Aber dass ich einmal soweit komme und mein nächstes Ziel Olympia heißen würde, das hätte ich nie gedacht!“, erklärt Sandra Maschkewitz. Zum Bogenschießen ist sie eher zufällig gekommen. Früher war ihre große Leidenschaft der Kampfsport. Doch das ist lange her – damals, als sie selbst noch Fußgängerin war, wie sie nicht-gehbehinderte Menschen nennt. Denn vor zwölf Jahren hat ihr Leben eine ungeahnte Wendung genommen: Wegen einer missglückten Bandscheiben-Operation ist die Apenerin seit 2013 auf einen Rollstuhl angewiesen. „Ich bin aufgewacht und war linksseitig gelähmt“, erzählt sie. „Das war natürlich ein ziemlicher Schock, denn mein altes Leben war vom einen auf den anderen Moment weg und der Neustart war wirklich hart. Aber meine Familie hat mich enorm gestärkt. Und irgendwann habe ich mir gesagt: Das Leben ist zu schön, um aufzugeben!“

Ein Bekannter nahm Sandra Maschkewitz dann mit zum Bogenschießen, sie machte ein paar Probe-Schüsse und damit begann ihre Karriere. „Beim BSV Werlte hat mich mein jetziger Trainer Herman Nordmann entdeckt und kurz darauf auch in den Niedersachsen-Kader gebracht. Er ist selbst Paralympics-Sieger, ich bin also bei ihm bestens aufgehoben“, freut sich Maschkewitz. Das belegen die mehrfachen Auszeichnungen als Deutsche Meisterin im Para-Bogenschießen. Doch obwohl sie so erfolgreich ist, gibt es keinerlei Förderung. „Ich fahre zu allen Wettkämpfen selbst, zahle Unterkunft und Ausrüstung selbst. Da kommt einiges zusammen.“ Unterstützung erhält sie von ihrem Ergotherapeuten und dem Sanitätshaus, die ihr mit regelmäßiger Therapie und der entsprechenden Ausstattung unter die Arme greifen.  

Albrecht Krause, Sandra_Maschkewitz und Matthias Huber
Freuen sich mit Sandra Maschkewitz über ihren Erfolg: Apens Bürgermeister Matthias Huber (rechts) und VdK-Ortsvorsitzender Albrecht-Erich Krause. © VdK
Der Fuß des Pokals "Sportlerin des Jahres"
Mit einem Pokal geehrt: Sandra Maschkewitz wurde Sportlerin des Jahres des Landkreises Ammerland. © VdK
Sandra Maschkewitz beim Bogenschießen in einer Halle
Voll konzentriert: Sandra Maschkewitz beim Bogenschießen. © VdK
Ein Rad des Rollstuhls mit verschiedenen Aufklebern
Der Rollstuhl der 49-Jährigen ziert unter anderem das VdK-Logo. © VdK

Auch der VdK hat Sandra Maschkewitz gleich mehrfach geholfen: zuerst bei ihrer Erwerbsminderungsrente 2015 und dann 2018, um einen Aktivrollstuhl zu bekommen. „Mein erster Rollstuhl war elektrisch, unglaublich schwer und unhandlich. Damit konnte ich mich kaum fortbewegen, geschweige denn meinen Sport darin ausüben“, erinnert sie sich. Dass ihr der Sport unglaublich wichtig ist, merkt man schnell. „Viel wichtiger als der Erfolg sind mir allerdings die sozialen Kontakte, die ich hier gewonnen habe. Ja, zunächst kämpfe ich allein und nicht im Team. Aber ich habe in meinem Verein eine so tolle Gemeinschaft und wunderbare Menschen um mich herum, die mir unglaublich viel Rückhalt geben!“ Denn behinderte Menschen, so Maschkewitz, würden trotz des Behindertengleichstellungsgesetzes immer noch ausgegrenzt und kaum gesehen. „Dabei gehören wir in die Mitte der Gesellschaft!“, verlangt sie. Ihre sportlichen Erfolge und Auszeichnungen beansprucht sie daher nicht für sich allein. „Ich sehe es so: Ich bekomme diese Pokale und Medaillen nur stellvertretend für die vielen anderen Behindertensportler. Denn ich möchte ihnen Mut machen und zeigen: Wir Menschen mit Behinderung müssen uns nicht verstecken! Wir können auch soweit kommen und oben auf dem Treppchen stehen, wir müssen nur häufig noch härter dafür kämpfen.“ 

Mitte Dezember tritt Sandra Maschkewitz beim internationalen Hallenturnier Berlin Open an. Hier wird mit 70 Pfeilen auf nur 18 Meter Entfernung geschossen. Bei der Außensaison ist die Zielscheibe dann 70 Meter entfernt. „Draußen macht es natürlich nochmal mehr Spaß, in der Halle muss man sich bei 300 bis 600 Teilnehmern, die eng nebeneinander schießen, schon ziemlich fokussieren. Aber jeder Wettkampf ist einzigartig. Und je mehr ich erreiche, desto sichtbarer wird der Behindertensport – und das ist mein Ziel: Freude am Sport und gleichzeitig die Inklusion voranzutreiben!“, so Maschkewitz.